Die unbestrittene Signalwirkung der Farbe Rot fasziniert auch an den Zeichnungen Jean-Pascal Flaviens. Sie als Studien zu seinen Installationen zu sehen wäre zu kurz gegriffen. Der Künstler charakterisiert die Zeichnungen als Mittel des Sehens und Schaffens von Räumen.

Die Landschaften der Zeichnungen beschreiben die Umgebung der Objekte und öffnen auf der Basis eines archivarischen Bildgedächtnisses die Gedanken der Betrachtenden für ein zu entdeckendes Gebiet. Die Motive – Krater, überdimensionale Distelgewächse und natürlich die Gegend erkundende Dinosaurier – wirken dem Naturkundeunterricht entnommen. Doch dem Künstler ist jede direkte Bezugnahme zu bestimmten Epochen oder gar Ereignissen fremd. Der starke Naturalismus der formalen Umsetzung seiner Bezüge zur Paläontologie ist nicht mit Liebe zum Realismus zu verwechseln. Vielmehr gibt gerade die trügerische Sichtbarkeit dieser Natur Gelegenheit, Unsichtbares zu entdecken.

Dinosauriern und ihrer Umwelt kommt in der gegenwärtigen Gesellschaft die Rolle von Symbolen zu; sie stehen für Wildheit, Archaisches und unkalkulierbare Natur und widersprechen den auf Messbarkeit ausgerichteten herrschenden Verhältnissen. Die Arbeiten Jean-Pascal Flaviens lassen das Unberechenbare wiederentdecken und führen in eine Welt, mit der wir emotional bereits abgeschlossen zu haben glaubten.

Heike Maier-Rieper, 2011