Die Gestalt von Paulina Ołowskas kleiner Keramikplastik Bus Stop ist geprägt von einer Spannung zwischen Formen „hoher“ und „niedriger“ Kunst. Einerseits erinnert das Werk an einen modernistischen Pavillon mit flachem Dach, andererseits verorten die modellhafte Größe und die einfache Ausführung der Tonplastik sie zugleich im Bereich des traditionellen Handwerks. Diese Spannung zeichnet Ołowskas Arbeit insgesamt aus, deren Malereien, Collagen und Keramiken sich mit der polnischen Handwerkstradition, dem Feminismus und der historischen Avantgarde auseinandersetzen und dabei auf ein eindeutig modernistisches Vokabular zurückgreifen. Die Gestaltung eines Objekts wie Bus Stop ist auch als Hinweis auf die implizierte Funktion dieser Struktur zu sehen, die nicht nur wegen der Größe von Ołowskas Plastik redundant ist; zumal darüber hinaus auch das Material die Struktur untergräbt, indem es diese in den kulturellen und historischen Kontext des traditionellen Handwerks versetzt.  

Hans Ulrich Obrist, 2015